Donnerstag, 22. Mai 2014

Sie ist wieder da, die Wahlkampfzeit. Am 25. Mai werden die europäischen Bürger*innen gebeten, der politische Legitimation der herrschenden Klassen Gewicht zu verleihen. Der Charakter der Europäischen Union offenbarte sich in den letzten Jahren vollkommen: Neoliberale Enteignungen und Arbeitsreformen, die die südeuropäischen Lohnabhängigen im Zuge der Schuldenkrise in den menschlichen Ruin zu treiben gedenkt, ein erstarkender Faschismus in einzelnen Staaten wie beispielsweise in Ungarn, der von bürgerlicher Seite aus gekonnt ignoriert oder bestenfalls verharmlost wird oder eine Flüchtendenpolitik, die die Propaganda von verwertbarem und nichtverwertbarem Humankapital mit Frontexeinsätzen verbindet. Diese einzelnen Beispiele sollten die „Fortschrittlichkeit“ eines geeinten Europas unter kapitalistischen Bedingungen zum Zweifel bringen und aus ihrer Kritik eine Alternative zum Bestehenden entwickeln.

Doch das Gegenteil geschieht in der Linken in Deutschland: Der Hamburger Parteitag der Linken brachte einen eklatanten Rechtsruck hervor. Der reformorientierte Flügel gewann in der Ausarbeitung und Abstimmung des Wahlprogramms die Mehrheit, ein „soziales Europa“ solle gestaltet werden, und dies gehe nur mit einer Linken, die parlamentarisch gut vertreten sei. Reaktionen von Seiten des linken Flügels blieben weitestgehend aus, die Unfähigkeit, personell Reformismus als auch inhaltlich kapitalistischen Sachzwängen entgegenzustellen war klar erkennbar. Das Endresultat ist neben der inhaltlichen Ausrichtung, dem Negieren von wirkungsvoller Emanzipation, welche durch Aufhebung der Verhältnisse und nicht durch das „Gemütlichmachen“ in seinen Widersprüchen, vor allem die Freikarte für die Parteiführung, sich der Sozialdemokratie anzubieten und keine Gelegenheit ausbleiben zu lassen, die Kooperationsfähigkeit in einer künftigen, bundesrepublikanischen Regierung zu betonen. Ob der Hamburger Parteitag das Todesurteil für eine radikale Linke ist, die das Parlament benutzt, um den Kampf auf der Straße und vor Ort zu unterstützen, und nicht andersherum, das Parlament als Hauptschlachtfeld betrachtet, wird sich zeigen müssen. Allerdings ist die Situation für Kommunist*innen und radikale Linke in der Partei mehr als schlecht.

Neben dem Einknicken von revolutionären, den Kapitalismus überwindenden Parteien und Strömungen auf europäischer Ebene (dies schlägt sich aber nicht unmittelbar in den Umfragen nieder: Parteien links von der Sozialdemokratie genießen teilweise einen regen Zulauf, was im Gegenzug sie aber veranlasst, sich linksreformistisch äußern zu müssen) erstarkt die gesellschaftliche Reaktion in Form von rechtspopulistischen und faschistischen Parteien. In kaum einem Land der EU existiert eine rechte Partei, die keinen Aufschwung verzeichnen kann. Mit der anhaltenden Wirtschaftskrise gehen bedeutende Teile der europäischen Bevölkerung nach rechts, in die Reaktion. In Deutschland wird die Alternative für Deutschland (AfD) mit höchster Wahrscheinlichkeit Europaabgeordnete stellen können. Durch eiine starke Rechte, die um die gesellschaftliche Hegemonie mit den bürgerlichen und sozialdemokratischen Parteien ringt, werden breite Massen der Bevölkerung sich weiter entsolidarisieren und die notwendige Kritik mit verstärkter Repression und Gewalt begegnen. 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges kämpft das geeinte Europa um Machtgewinn, um im globalen Wettstreit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, Russland und China seine Position verteidigen und ausweiten zu können. Die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine zeigen dabei auf, dass ein Schulterschluss der Konservativen und Faschist*innen in Kiew kein erwähnenswerter Grund für eine Ende der Zusammenarbeit bedeutet, sondern der gemeinsame Feind im Kreml gefunden ist.

Nur der antifaschistische Widerstand als Teil der gesamten Kritik an den Verhältnissen kann dieser Entwicklung entgegentreten und eine Perspektive der Befreiung eröffnen. Wir rufen trotz Kritik an der Programmatik auf, die Europäische Linke zu wählen, die einzige vorhandene Gegenmacht zu Faschismus, Nationalismus und anderen reaktionären Bewegungen.

Evvivo il communismo e la libertà!